Karneval kommt vor 70 Jahren vom Rhein nach Bad Tennstedt

Bernd Hellmund (links) und Wolfgang Zilling vor dem Schaufenster am Fahrradladen Jörg Herbsleb, wo Jacken des Elferrats zu sehen sind. Foto: Sabine Spitzer

Seit 70 Jahren gibt es Karneval in Bad Tennstedt. Warum der Fasching einst vom Rhein in die Stadt kam und warum nun Schaufenster närrisch geschmückt sind.

Seit 70 Jahren gibt es in Bad Tennstedt Karneval. Vom Rhein ist einst das närrische Treiben in die Stadt geschwappt. Zum Jubiläum will der Tennstedter Karnevalverein (TKV) mit seinem Programm daher allen Dankeschön sagen. Zudem präsentiert er derzeit in sieben Schaufenstern Schlaglichter seiner Geschichte.

Im Fahrradladen Jörg Herbsleb wird der Elferrat thematisiert. In dem Schaufenster sind vor allem die Jacken der Präsidenten zu sehen. Die meisten gehörten Bernd Hellmund, der heute Ehrenvorsitzender des TKV ist. Seit 45 Jahren ist er im Verein; zwölf Jahre davon war er dessen Chef. In den Gründungsjahren waren die Jacken noch schwarz. Später wurden sie grün. Der Grund ist banal: Der TKV wollte sich von anderen Karnevalsvereinen abheben, deren Elferrat meist rote Sakkos trug, und war günstig an grünen Stoff gekommen.

Extrablatt von 1983 enthältzwei nicht genehmigte Seiten

„Da kommen Erinnerungen hoch“, sagt Hellmund beim Blick in das Schaufenster. Für das „Närrische Extrablatt“, das dort rechts in der Ecke hängt, hatte es einen Verkaufsstopp gegeben. Die Zeitung war 1983 zum 30-jährigen Bestehen erstellt worden. Damals zu DDR-Zeiten musste der Inhalt noch die Zensur durchlaufen.

Die Bad Tennstedter nahmen die Stadtpolitik aufs Korn, vor allem die Umgestaltung des Kurparks, wo in den vergangenen Monaten viele alte Bäume gefällt wurden. Auf ihrem Wagen legten die Narren ein junges Bäumchen um und drechselten formschöne Sitzbänke daraus.

Beim Druck aber stellte sich heraus, dass noch zwei Seiten gebraucht wurden. Weil so Stoff dazukam, der nicht genehmigt war, wurde das Extrablatt im Schreibwarenladen konfisziert. Vergessen wurde aber, dass die Zeitung auch in Hellmunds Bäckerei verkauft wurde. Die Idee mit den Schaufenstern war im Sommer entstanden, berichtet Wolfgang Zilling, der der Ehrenpräsident im TKV ist. So reicht ein Spaziergang zu den Stationen, um in Faschingsstimmung zu kommen.

Auch das Schaufenster der Bäckerei Hellmund, die inzwischen von der nächsten Generation von Sohn Torsten Hellmund betrieben wird, wurde geschmückt. Hier sind Eintrittskarten und Orden ausgestellt. Einige Medaillen wurden im VEB-Kombinat Robotron in Sömmerda hergestellt. „Durch Beziehungen konnten wir herankommen“, blickt Zilling zurück.

242 Tänzerinnen und Tänzersind für das Turnier angemeldet

Am billigsten sei der Orden von 2020 gewesen: ein Duftbaum. „Das war das Jahr der großen Baumfällungen in Tennstedt“, sagt er. Daher wurden in Anlehnung daran „Traumzauber-Bäume“ als Orden verliehen. Ein Schaufenster ist dem Unstrut-Hainich-Tanzturnier gewidmet, das nach zweijähriger Corona-Zwangspause am 25. Februar wieder stattfinden kann. „Es zeigt, wie die Veranstaltung immer runder geworden ist“, sagt Zilling. Diesmal sind 17 Vereine mit 242 Tänzerinnen und Tänzern angemeldet. „Ohne Zusammenhalt und das Zusammenwirken wäre das Turnier nicht möglich“, ist Zilling überzeugt. Zum Jubiläum hat der TKV auch seine bunte Geschichte fortgeschrieben. In der Chronik heißt es, dass 1953 der Zahnarzt Max Blumeroth vom Rhein nach Tennstedt zog. Dieser fand Mitstreiter und legte damit den närrischen Grundstein in der Stadt. Dass nun auf 70 Jahre Karneval zurückgeblickt werden kann, machen Zilling und Hellmund an einer Sache fest: „Wir haben es geschafft, die Befindlichkeiten außen vor zu lassen.“

Quelle: Thüringer Allgemeine, Sabine Spitzer, 10.02.2023

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